Sehr geehrte BVfK-Mitglieder,
Deutschlands vermutlich größte Autobetrüger sitzen hinter Gittern. Ihre Flucht auf der 750-Tausend-Euro Yacht endete im dänischen Aarhaus. Das Flensburger Tageblatt berichtet: „Autohaus im Visier der Ermittler - Kunden des Flensburger Internet-Autohändlers fürchten, dass ihr Traum von einem vergleichsweise preiswerten Audi, Ferrari oder Maybach mit hohen finanziellen Verlusten endet.“
Der BVfK wurde Monate zuvor auf ungewöhnliche Angebote für Neuwagen mit extrem hohen Rabatten aufmerksam gemacht. Von den Kunden wurden Bankbürgschaften und Anzahlungen verlangt. Der BVfK zweifelte verstärkt an der Lieferfähigkeit der Superneuwagenanbieter und enttarnte schließlich eines der größten Schneeballsysteme im freien Kfz-Neuwagenhandel.
Doch zunächst wollte es niemand glauben. Weder die Behörden, die aufgefordert wurden, den Ganoven das Handwerk zu legen, noch einige alte Hasen im EU-Neuwagenhandel, die endlich mal wieder das dicke Geschäft witterten, noch Schnäppchenjäger voller Gottvertrauen, denen ebenfalls der gesunde Menschenverstand abhandengekommen zu sein schien. Noch immer vertrauten Händler und Kunden den beruhigenden und vertrauenerweckenden Worten der Akteure in einem Netzwerk, das mit sektenähnlichem Eifer vom Glauben an das große Geschäft zusammengehalten wird.
Stattdessen wird der BVfK wegen seiner Warnungen und Enthüllungen von einem "Parallelimporteur" attackiert:
„... wir werden uns das nicht gefallen lassen, besonders die Leute aus der Schweiz wissen sich zu wehren. Wir haben Auftragsbestätigungen von versch. Werken vorliegen, alles ist seriös ...“
Dann erfolgt jedoch ein Sinneswandel und kurz darauf aus gleicher Feder an den Vertreter der "Leute aus der Schweiz" in Flensburg: „… Wir wissen, wie Sie Ihr organisiertes Verbrechen geplant haben. Sie haben ein Syndikat gegründet und nur Fahrzeuge zu superguten Konditionen an Händler und Privatleute verkauft, um an diese Sicherstellungen zu gelangen. Wir wissen, dass Sie über 7 MILL Euro auf einer deutschen Bank verfügen und etliche Mill. Euro im Ausland. Sie haben zu keinem Zeitpunkt vorgehabt, Fahrzeuge zu liefern. Sie haben Sicherstellungen in Höhe von mindestens 1 MILLIARDE Euro eingesammelt, um diese in Geld umzusetzen. Sie haben sich Fahrzeuge von den Kunden bezahlen lassen und diese nie geliefert..."
Schlägerei in Flensburg – der Showdown beginnt.
Der Parallelimporteur beschließt zu handeln und fährt nach Flensburg. Er berichtet: „...Der Empfang bei S. begann mit einem tätlichen Angriff vor dem Haus seitens Frau S. gegenüber Herrn Steffen P. in Form eines Faustschlages auf den Hals / Kehlkopf, welcher … mit Verwunderung überrascht reagierte und versuchte weitere Attacken zu unterbinden. Welches nicht sofort gelang, denn Frau S. war noch in der Lage einen gleichen Schlag gegenüber Herrn Jürgen S. auszuteilen. Daraufhin wurde Frau S. friedlicher und begann in Beschimpfungen und Beleidigungen auszuarten, woraufhin Ihr Mann vom oberen Stockwerk herunterkam und auch versuchte tätlich gegen Herrn Werner P. und Herrn Jürgen S. vorzugehen...“
Die Flucht über die Ostsee misslang. Das Landgericht Flensburg verurteilte die Eheleute S. und ihren Sohn zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Untreue. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sie bundesweit Autos angeboten und verkauft hatten, die sie nicht liefern konnten. Der entstandene Gesamtschaden wurde mit 6,7 Mio. Euro beziffert. Hierbei dürfte der Ertragsverlust der lieferfähigen Händler ebenso wenig berücksichtigt sein, wie der Vertrauensverlust, den der freie Neuwagenhandel zu Gunstendes Vertragshandels erlitten hat.
Soweit Auszüge aus dem Bericht in der MOTION Nr. 10 über eine Skandalgeschichte aus dem Jahr 2005, die deshalb so aktuell klingt, da sich im freien Neuwagenhandel leider nicht viel geändert hat.
Dies wird nicht nur bei Sichtung des BVfK-Wochenendticker-Archivs deutlich, wo die Eingabe des Suchbegriffs „Neuwagen“ zu 26 Ergebnissen in den letzten Jahren führt, von denen sich viele mit Risiken und Problemen dieses Geschäftsbereichs beschäftigen.
Nachdem besonders im vergangenen Jahr wieder skandalöse Ereignisse mit kriminellen Hintergrund zu beklagen waren (s.u.a. Wochenendticker vom 7. April 2018: „Der Neuwagenacker ist mit Risiken gespickt, wie ein Minenfeld“) erreichte uns jüngst folgende Nachricht eines Händlers, der sich als Opfer eines unseriösen Anbieter sieht.
"…We write you as one of the main trading companies in Europe and we consider organisations as BVfK important mediators in the European Trade market. Therefor it seems important to us, to inform you about dangerous and fake companies which harm the reputation of the business of independent car traders. With this message, we want to warn you and your members for the following company … This company ordered us 39 Nissan and 68 Hyundai Tucson (stock cars on our parking), but he never paid and took delivery of the cars, despite many promises and agreements. It is clear that this person and company are not at all trustworthy. Since the beginning it’s all lies and excuses…”
Der BVfK prüft derzeit noch und hat den Händler um Stellungnahme gebeten. Der EAIVT hat bereits reagiert und die Firma auf die "Black List" gesetzt.
Alles in allem muss man sich immer wieder fragen, wie kann es passieren, dass nicht nur leichtgläubige Verbraucher, sondern auch gestandene und erfahrene Kfz-Händler Opfer unseriöser Anbieter werden?
Zu den vielen Ursachen dürfte mangelndes Risikobewusstsein zählen. Irgendwie ist der Umgang mit großen Geldsummen im Kfz-Handel so selbstverständlich, dass die Überweisung ungesicherter Vorauszahlungen immer noch an der Tagesordnung ist.
Mag das auch bei langjährigen soliden Geschäftspartnern vertretbar sein, so sehr sei davor bei Anbietern gewarnt, die relativ unbekannt und neu auf dem Markt sind und plötzlich beginnen, ein ganz großes Rad zu drehen.
Der BVfK empfiehlt Treuhandabwicklung sowie seine speziell entwickelten europäischen B2B-Kaufverträgen (anfordern: rechtsabteilung@bvfk.de ), die auch eine Schiedsgerichtsvereinbarung zur wesentlich schnelleren Klärung, als bei ausländischen Gerichten anbieten.
Allerdings wird es auch nur dann Geld zurückgeben, wenn es noch etwas zu holen ist.
Daher heißt es heute:
Seien Sie vorsichtig mit Ihrem Autohandel!
Ihr
Ansgar Klein
Geschäftsführender Vorstand
Bundesverband freier Kfz-Händler BVfK e.V.
Feedback immer gerne direkt an: vorstand@bvfk.de